Reisejournalismus im Trend

Eine Sprachanalyse der Beitragsmoderationen in deutschen Nachrichtensendungen über Gewaltkriminalität

1. Einleitung
Reisejournalismus als Terminus bezeichnet die Bearbeitung der Thematik Reise in all ihren Facetten ausgerichtet auf die Veröffentlichung in einem Medium. Im Gegensatz zu rein literarischen Produkten über das Thema Reise, orientiert sich der Reisejournalismus an den im jeweiligen Mediensektor üblichen journalistischen Kodizes. 

Es ist zu beachten, dass diese Klassifizierung zwar grundsätzlich zutreffend ist, es jedoch Ausnahmen der Regel geben kann. So ist es durchaus möglich, dass sich beispielsweise ein journalistischer Text literarischer Hilfsmittel und Stile bedient oder ein literarisches Produkt mit journalistischen Sujet vermengt.Dementsprechend kann als Reisejournalist bezeichnet werden, wer festangestellt oder freischaffend für einen Medienbetrieb arbeitet und hauptsächlich mit der Berichterstattung zum Thema Reise betraut ist.


2. Geschichte und Entwicklung
Vorläufer des Reisejournalismus sind Reiseberichte und literarische Reisebeschreibungen. Je nachdem wie weit der Begriff Reisebericht gefasst wird, können selbst die antiken Erzählungen des Pytheas von Massalia oder die Historien Herodots, mit ihren ausgedehnten Reisebeschreibungen, als Urtypen ­des Genre angesehen werden. In diesem Kontext sind ebenso mittelalterliche Schriften wie die des Ahmad Ibn ­Fadlans oder Marco Polos zu nennen, wenngleich die Authentizität einiger dieser Werke von Historikern stark in Zweifel gezogen wird. 

Die Evolution von literarischen Reiseberichten in Buchform und niedriger Auflage hin zu den direkt nachvollziehbaren Anfängen des Reisejournalismus nach heutiger Definition begann im 19. Jahrhundert. Diese Entwicklung ist im Besonderen der Erfindung dampfbetriebener Eisenbahnen zuzuschreiben, deren Verbreitung von England ausgehend über den gesamten Erdball neue Maßstäbe setzte. Sowohl was Geschwindigkeit, als auch die Menge an zu beförderndem Gewicht betraf, waren die infrastrukturellen Innovationen der Neuzeit, wie für vieles andere, so auch Voraussetzung für den Reisejournalismus. 

Mit der wachsenden Mobilität und dem dadurch aufkommenden Tourismus wurde die Reise zum Freizeitvergnügen. Zum ersten Mal in der Geschichte war es so auch ärmeren Bevölkerungsschichten möglich, unter vergleichsweise wenig finanziellem Aufwand und körperlicher Anstrengung Reisen zu unternehmen. Damit und mit den aufstrebenden Massenmedien wuchs die Nachfrage nach authentischen Berichten und einem Servicecharakter als Grundlage für eigene Unternehmungen. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts etablierte sich so die Reiseberichterstattung als fester Bestandteil der Feuilletons.  
Die Diese Entwicklung führte zu dem immer intensiveren Versuch der Einflussnahme durch Fluglinien, Hotelmarken und anderer Leistungsträger im touristischen Segment auf die Reisejournalisten.

Weltkriege zwangen dieser Entwicklung eine Pause auf. Erst nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und einer kurzen Regenerationsphase in den vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts begann die Reiseberichterstattung, in den wieder- oder neu gegründeten Medien Deutschlands, erneut zu wachsen. Parallel zum wirtschaftlichen Aufschwung musste die vermehrte Nachfrage nach einem Servicecharakter in den Reiseressorts gestillt werden. Neben spannenden Berichten verlangten die Leser nun mehr denn je nach Informationen für ihre eigenen potenziellen Reisen.


3. Print
Der mediale Markt für Produkte mit rein reisejournalistischem Inhalt setzt sich im Printbereich hauptsächlich aus monothematischen Heften, mit der Betrachtung eines einzigen Reiseziels pro Ausgabe, und multithematischen Magazinen mit verschiedenen Destinationen, zusammen. Special-Interest-Medien decken den Informationsbedarf, beispielsweise nach kulinarischen Reiseführern oder auf Geschäftsreisen zugeschnittene Inhalte. Daneben existieren Serviceprodukte, in welchen Verbrauchertipps im Vordergrund stehen. Auch bestimmte Kunden- und Mitgliederzeitschriften bieten Reiseinhalte, wenngleich diese eher dem Bereich Marketing zuzurechnen sind. Insgesamt 123 Tages- und Wochenzeitungen mit einem selbstständigen Reiseteil werden im Handbuch Touristik 2006 angeführt. Dabei sind durchschnittlich nicht mehr als ein bis zwei Redakteure pro Reiseressort festangestellt tätig. Der Großteil an veröffentlichten Sparten stammt aus der Feder freier Journalisten.

Die Aufmachung eines reisejournalistischen Produktes ist kaum begrenzt. Als häufigste Darstellungsform in den Reiseressorts von Zeitungen liegt die Reportage mit über 50 Prozent weit vorn. Darauf folgen Serviceteile und Nachrichten mit 18 bzw. 20 Prozent, auf Kommentar und Glosse verteilen sich die verbliebenen zwei letzten Prozentpunkte.  


4. Online
 Vermehrt leisten sich auch Online-Medien einen redaktionellen Reiseteil. Bei den virtuellen Ablegern gesetzter Printprodukte finden unter diesen Reitern oft die schon in der Print-Ausgabe gedruckten Artikel eine Zweitverwertung. Neben diesen Webversionen von Tageszeitungen und Zeitschriften betreiben zunehmend auch Reiseportale mit Buchungsfunktionen ein eigenständiges Reiseressort.

Die Darstellungsformen unterscheiden sich hier insofern von der Verteilung im Printbereich, als das sich eine Hinwendung zugunsten der Nachricht feststellen lässt. Laut den Studien von Johanna Lischke ist dies dem Selbstverständnis von Onlinejournalisten geschuldet, welche sich anders als ihre Kollegen in anderen Bereichen mehr am Informationsjournalismus orientieren.

Eine quantitativ große Konkurrenz haben die Online-Medien in der zunehmenden Masse an Bloggern, die das Internet als Plattform für ihre Inhalte nutzen. 


5. Fernsehen
 Im Fernsehen wird zwischen multi- und monothematischen Reisemagazinen unterschieden. Nach Lischke definiert sich dieses Format wie folgt: „Eine Reisesendung ist eine regelmäßig auf demselben Sendeplatz ausgestrahlte Sendung, die sich vor allem mit dem Thema Urlaub und Reisen beschäftigt. Sie stellt potentielle Urlaubsdestinationen vor, liefert Informationen zum Thema Reise und offeriert dem Zuschauer Vorschläge zur Urlaubsgestaltung und -planung.“   Hierbei ist seit den neunziger Jahren ein Rückgang festzustellen. So waren im Produktionsjahr 1999 noch 21 Reisesendungen ausgestrahlt, 2006 dagegen nur noch 17.

Dem Medium Fernsehen geschuldet liegt der Fokus bei TV-Formaten besonders auf der authentischen Aufnahme. Reportagen sind hierbei das zentrale Stilmittel. Durch die hohen Anforderungen an Equipment und das Zeitmanagement ist ein Zugang für Freischaffende nur schwer möglich und ohne eine enge Bindung an eine Rundfunkanstalt kaum praktikabel. Hinzu kommt, dass die Formate massiv mit eingefrorenen und gekürzten Budgets zu kämpfen haben. Die Gründe hierfür liegen in sinkenden Einschaltquoten.

Der Bedarf geht im Fernsehen ähnlich wie im Print und im Gegensatz zu den Sendungen der neunziger Jahre, weg von den Bedürfnissen des Massentourismus, hin zu individuellen Reportagen. Einzigartige Sendereihen, mit bekannten Akteuren aus Film und Fernsehen erwiesen sich in jüngster Zeit als Erfolgsmodel. Beispielsweise die von dem Schauspieler Ewan McGregor mit seinem Freund Charley Boorman unternommene Afrika Rundreise „Long Way Down“.


6. Trends
Der Inhaltliche Trend geht seit der Massentauglichkeit des Internets von Verbraucherberichterstattung hin zu Reportagen aus möglichst originellem Blickwinkel. Die Leser holen sich die benötigten Informationen, welche sie früher aus dem Serviceteil der Reisesparten erhielten, vermehrt durch eigene Online-Recherche. Das journalistische Produkt dient nunmehr wieder hauptsächlich als unterhaltsame Lektüre bzw. Sendung und Anstoß eine Reise in die beschriebene Destination zu unternehmen.

Die Autorin und Reisejournalistin Françoise Hauser beschreibt folgende Thematik als Beispiel für eine solch ungewöhnliche Reportage. Nach ihrer Auffassung sei eine Reportage über ein spannendes Fußballspiel noch kein Fall für Reisejournalismus. Es sei denn, die Begegnung fände in Honduras statt und der Autor würde in seine Erzählung einiges an Lokalkolorit einstreuen. So etwa die wenig bekannte Tatsache, dass eine umstrittene Schiedsrichterentscheidung 1969 einen Krieg zwischen Honduras und dem benachbartem El Salvador provozierte.


6. Reisejournalismus und Public Relations
Der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Vereinigung deutscher Reisejournalisten, Wolfgang Weiler beklagt den zunehmenden Versuch von Reiseveranstaltern auf die Berichterstattung von Journalisten Einfluss zu nehmen. Der ihm Folgenden zitierte Fall steht dabei laut Weiler Synonym für das Verhalten vieler PR-Agenturen die Berichterstattung ihn ihrem Sinne zu lenken.

„Als Wolfgang Weiler eine Einladung nach Island erhielt, wurde ihm mulmig. Nicht weil er sich vor den angekündigten ‘wilden Vulkanlandschaften‘ und der Übernachtung im Zelt fürchtete, sondern wegen eines organisatorischen Zusatzes. Als ‘Gegenleistung‘ für die Einladung wurde von dem Journalisten ‘die Veröffentlichung eines Reiseberichts unter ausschließlicher Nennung von Travel & Personality als durchführender Reiseveranstalter‘ verlangt. Für Weiler, der auch Vorstand der Vereinigung Deutscher Reisejournalisten (VDRJ) ist, war das ‘dreist formuliert‘ und ‘grausam‘. Schon länger versuchen Reiseunternehmen und PR-Agenturen, Journalisten unter Druck zu setzen - in jüngster Zeit jedoch verstärkt, sagt Weiler.“


7. Literaturverzeichnis
Lischke, S. 2006. Reisejournalisten - Akteure im Spannungsfeld Eine kommunikationswissenschaftliche Studie zu Selbstverständnis und Arbeitsbedingungen anhand von qualitativen Leitfadeninterviews. Retrieved 24.1.2014 from http://www.grin.com/de/e-book/206516/reisejournalisten-akteure-im-spannungsfeld

Hauser, F. 2008. Reisejournalismus - Das Handbuch für Quereinsteiger, Globetrotter und (angehende) Journalisten. Retrieved 24.1.2014 from https://kubon-sagner.e-bookshelf.de/products/reading-epub/product-id/374525/title/Reisejournalismus.html

Fuchs, C. 2010. Zahlt mal schön selbst. Retrieved 24.1.2014 from http://www.sueddeutsche.de/reise/reisejournalismus-zahlt-mal-schoen-selbst-1.236867