Medien im Kaiserreich

Personenkult und Propaganda der Habsburgermonarchie – Eine Darstellungsanalyse Kaiser Franz Josephs I.
 
Forschungsbereiche:

1. Medien im Kaiserreich
2. Pressepolitik 1848-1918
3. Haus Habsburg und Kaiser Franz Joseph I.
4. Schicksalsschläge und Echo in der Presse
5. Herrschertum und Öffentlichkeit

1. Einleitung
Franz Joseph I. ist im kollektiven Gedächtnis der Menschen als alter, gütiger Herrscher Österreichs verankert. Er gilt vielen als Personifikation eines glanzvollen Abschnitts österreichischer Historie – einer Zeit rauschender Feste, industrieller Errungenschaften und kultureller als auch gesellschaftlicher Aufbruchsstimmung. Man setzt ihn, zusammen mit seiner Frau, Kaiserin Elisabeth, in einen verklärt nostalgischen Kontext. Oder aber sieht einen greisen, allen Änderungen gegenüber verschlossenen Regenten, der durch seine Starrheit im Denken und das krampfhafte Festhalten an überholten Konventionen die Donaumonarchie an den Abgrund führte.


Man stilisiert ihn als Kriegsherrn, kaum eine Darstellung zeigt den Souverän ohne Uniform. Mit der Eskalation in der Serbienkrise, der verworrenen Bündnispolitik der europäischen Großmächte und dem Unvermögen des Kaisers, wie auch seines Stabes, einen wirklichen Ausgleich zwischen den vielen Interessengruppen und Ethnien im österreichisch-ungarischen Vielvölkerstaat zu bewerkstelligen, brachte Franz Joseph Europa einen Krieg, der Millionen von Menschenleben kostete. Auch wenn er dies alles nie gewollt hat, so trägt er als Regent doch eine Mitschuld am Untergang des Habsburgerreiches und dem Ersten Weltkrieg. 

Keines dieser Bilder kann für sich alleine einen auch nur annähernd vollkommenen Eindruck der Person Franz Josephs geben – nicht aus dem Blickwinkel des Kaisers, noch aus dem einer Privatperson, eines Menschen wie „Du und ich“. Dennoch finden sich diese auf die eine oder andere Weise immer wieder. Diese Definitionen Kaiser Franz Josephs wurden nicht allein von einer Instanz ausgehend gebildet. Mehrere Wirkungsfelder beeinflussten die öffentliche Meinung über den Monarchen zum Teil maßgeblich genug, um sie auch gegen tatsächliche Umstände noch in eine positive oder negative Richtung zu lenken. Zunächst sind das die Medien und ihre Rezipienten im langen 19. Jahrhundert. Über die Zeitungen und Zeitschriften verbreiteten sich Neuigkeiten über Kaiser und Kaiserliches. Die Evolution dieses ersten Wirkungsfeldes unterlag während der Regentschaft Franz Josephs einem substanziellen Wandel. Zurückzuführen ist dieser sowohl auf die gesellschaftlichen Umschichtungen, welche, angestoßen durch die Märzrevolution 1848/49, die Emanzipationen des Bürgertums sowie in weiterer Folge der Arbeiterklasse mit sich führten, als auch auf die technischen und sozialen Neuerungen der industriellen Revolution. Einen bedeutsamen, zeitweise hoch signifikanten Einfluss auf die Medien der Donaumonarchie errangen die unterschiedlichen Institutionen des Außenministeriums, das für die Ausführung der Pressepolitik von Regierung und Kaisers verantwortlich war. Das propagandistische Vorgehen dieser Regierungsstellen, mit dem Ziel die Meinung der politischen Öffentlichkeit zugunsten des Regenten und seines Stabes zu lenken, war mitverantwortlich für die Darstellung Franz Josephs und die Interpretation seiner Entscheidungen.

Die Meldungen, die über das Leben des Kaisers an die Öffentlichkeit gelangten, prägten die Bewertung seiner Person erheblich. Ausgehend von seiner Residenz in Wien, Schloss Schönbrunn und Bad Ischl, den drei Orten, an denen er sich, zeit seines Lebens, am längsten aufhielt, verbreiteten sich die Nachrichten über das Verhalten des Kaisers. Als Leiter diente die Presse, der oft aber längst nicht immer die Presseabteilungen der Regierung oder des Hofes als Filter vorgeschaltet waren.

Medien, Pressepolitik und die Person Franz Joseph sind demnach die drei wichtigsten Wirkungsfelder, die sich gegenseitig und letztendlich die öffentliche Meinung auf die eine oder andere Weise beeinflussten. Möchte man verstehen, warum sich das Bild des Kaisers auf so unterschiedliche Art differenzierte, reicht es nicht sich auf Biografien und die Erinnerungen Einzelner zu stützen. Man muss zunächst diese sich gegenseitig manipulierenden Elemente, ihre Entwicklung und Funktionsweise betrachten und in einen Kontext zur Person des Kaisers stellen.

Anhand dieser These werden nachfolgend die Medienlandschaft des 19. Jahrhunderts, die Pressepolitik während der Regentschaft des Kaisers und das Leben Franz Josephs beleuchtet.

Um zu verstehen, aus welcher Motivation heraus die Pressepolitik des Kaisers und seines Regierungsstabes funktionierte, muss zunächst ein Überblick der Medien und ihrer Evolution im 19. Jahrhundert ein Bild über den vielschichtigen Wandel zeigen, dem die damalige Gesellschaft unterlag. Darauf folgen die Kurzbeschreibungen der Zeitungen, die im weiteren Verlauf als primäre Quellen für die öffentliche Darstellung des Kaisers dienen. Im Anschluss daran wird über die Methoden und Entwicklungen der Presspolitik Kaiser Franz Josephs und der unter ihm amtierenden Regierungen zu sprechen sein. Auch das europäische Herrschertum am Beispiel der Habsburgerdynastie und Kaiser Franz Josephs im Bezug auf die Öffentlichkeitsarbeit werden gesondert beschrieben. Im Anschluss an die Kurzbiografie über den Monarchen soll eine Betrachtung der Berichterstattung über wichtige Stationen in seinem Leben, durch eine repräsentative Auswahl an Printmedien der damaligen Zeit, zeigen, wie sich das Handeln Franz Josephs für die Öffentlichkeit darstellte. Gesondert wird die Berichterstattung eines Leitmediums der ausländischen Presse über Franz Joseph Aufschluss darüber geben, wie das Bild des Kaisers außerhalb des Kaisertums Österreich wirkte. Zwei zu beachtende Punkte sind der Hof beziehungsweise Hofstaat, der in wechselseitiger Beziehung zu Franz Joseph Einfluss auf den Kaiser uns sein Auftreten hatte und das Engagement des Monarchen in Kunst und Kultur. Beides wird im letzten Abschnitt der Arbeit, der Aufgliederung des öffentlichen Auftretens des österreichischen Kaiserfamilie im Allgemeinen und Franz Josephs im Speziellen behandelt werden. Den Abschluss der Arbeit bilden die Interpretationen der verschiedenen Wirkungsfelder im Zusammenhang zueinander.


3. Medien im Wandel
Die „industrielle Revolution“ brachte technische Neuerungen mit sich, die maßgeblich für den Aufschwung der Massenmedien im 19. Jahrhundert verantwortlich waren. Wie etwa die verschiedenen Verbesserungen im Druckwesen, die massenhaftes Publizieren erst möglich machten. Die aufkommende Medienvielfalt ist aber nicht allein damit zu erklären. Ein weiterer essenzieller Faktor ist der gesellschaftliche Wandel zu einer nach Selbstbestimmung strebenden Arbeiterklasse und einem starken, einflussreichen Bürgertum. Ein Ausdruck dieses Wunsches nach Selbstbestimmung war die Gründung politischer Parteien. Um deren Agenden der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, schuf man ihnen durch die Parteizeitungen eine passende Plattform mit hoher Reichweite. Besonders die gesellschaftlichen Oberschichten fürchteten die Folgen einer solchen, sich verbreitenden, sozialrevolutionären Literatur in der Bevölkerung.

Letztendlich musste sich aber auch die Aristokratie mit diesen neuen Gewalten im Staat arrangieren. Damit einher ging ein Aufschwung in der Bildung – immer mehr Menschen konnten und wollten lesen. Die Nachfrage an neuen Medien stieg exponentiell und damit auch die Medienvielfalt, um dieses Bedürfnis zu decken.

3.1. Medienvielfalt im 19. Jahrhundert. Vor den Tagen der Revolution im Jahr 1848 gab es im gesamten österreichischen Staatsgebiet nur neunzehn politische Zeitungen. Wie etwa der in Wien erscheinende, seit 1810 offiziöse „Österreichische Beobachter“ oder die „Wiener Zeitung“. Sie standen unter den strengen Zensurbestimmungen, die aus den Karlsbader Beschlüssen resultierten.

Als die Zensur am 15. März 1848 aufgehoben wurde, bedeutete dies nicht eine vollkommene Presse-Freiheit, aber dennoch einen großen Schritt in diese Richtung. Die Anzahl der Gründungen von Periodika im März des Jahres 1848 ist ein Indikator für das enorme Potenzial an journalistischem Ausdruckswillen. Allein in Wien wurden während der Revolution um die 300 Printmedien gegründet. Eine der 86 neuen Tageszeitungen war „Die Presse“. Dieses nicht politisch-revolutionäre, sondern publizistisch-reformierend eingestellte Blatt wurde in den folgenden Jahren zu einem Leitmedium und Maßstab der Modernisierung in Österreich.

Auch wenn letztendlich vielen der Zeitungen und Zeitschriften nur eine kurze Lebensspanne beschieden war, so erlebte die Presse im Verlauf des 19. Jahrhunderts doch eine sehr vitale Entwicklung.

3.2. Presselandschaft nach dem Revolutionsjahr. Die medienpolitische Situation in der Donaumonarchie war durch wechselnde Presseverordnungen und Mediengesetze in den Jahren, 1849, 1852, 1859 und 1863 im stetigen Wandel begriffen.

Der Aufschwung von Wirtschaft, Industrie, Wissenschaft und Kunst, im Speziellen auch durch die entstehenden, modernen Parteien, förderte die Mehrung der österreichischen Presse maßgeblich. Die Politik-Arenen erhielten, neben den schon bestehenden konservativen und liberalen Interessengruppen, durch das Auftauchen der sozialdemokratischen Volksparteien und einem christlich-sozialen Sektor neue Akteure. In den Dekaden des ausgehenden 19. Jahrhunderts etablierten sich in Wien, zusätzlich zu den liberalen Großzeitungen und den vielen Lokalblättern, Parteizeitungen wie die „Arbeiterzeitung“ oder die „Reichspost“. Ebenso gab es zahlreiche Neugründungen in den Metropolen der Kronländer Österreichs und Wochenblätter, welche die Kleinstädte und Provinzen erreichten.

Den katholischen Pressvereinen im Allgemeinen und dem der Diözese Graz-Seckau im Speziellen kam in dieser Entwicklung eine besondere Rolle zu. Aufgabe dieser seit 1869 gegründeten Vereine war das Schaffen oder der Erhalt katholischer Printmedien, Verlage und Buchhandlungen.

Eine weitere essenzielle Veränderung des österreichischen Zeitungswesens bedeutete die Einführung der kleinformatigen und billigen Tageszeitungen, wie etwa der „Illustrierten Kronen Zeitung“, 1900 in Wien gegründet, oder der „Kleinen Zeitung“ die es für ein vergleichsweise geringes Entgelt ab 1904 in Graz zu kaufen gab.

3.3. Zeitungen und Zeitschriften als neue Leitmedien. Die Veränderungen im Verkehrswesen, etwa durch Straßenbahnen, brachte eine höhere Fluktuation im Personenverkehr, aber auch im Transportwesen. Printmedien konnten schneller und effizienter verbreitet werden, dass bedeutete für die Presse einen Zuwachs an Aktualität und damit Seriosität. „’In dem Maße, wie sich die Zeitung ausweitete und dabei gattungs-, schichten- und leserorientiert spezifizierte, wuchs sie zu einem übergreifend organisierten, institutionalisierten und professionalisierten Nachrichteninformationssystem’“ Der Transport von Fakten blieb ein inhaltlich wesentlicher Bestandteil der Presse. Mit einem Feuilletonteil schufen die Printmedien dazu noch einen bedeutenden Raum für die Auseinandersetzung mit kulturellen oder politischen Themen. Auch die Einführung von Reportage-Grafiken und Fotografien akquirierte neue Leser. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts konzentrierten sich die Zeitungen mehr und mehr auf das politische Geschehen. Die Vielzahl an Zeitschriften sprach ein allgemeines Publikum, Fachzeitschriften ein gebildetes Bürgertum an. Einen ökonomischen Einfluss brachten die vielen privaten Gründer von Zeitungen.

3.4. Zielgruppen und Leserschaft. Der Geist der Aufklärung hatte eine Entwicklung angetrieben, die in den Medien des 18. Jahrhunderts vor allem ein Werkzeug sah, um Diskussionen anzuregen und schon bestehende meinungsbildende Auseinandersetzungen im öffentlichen Raum zu organisieren. Dem vorausgehend, musste gewährleistet sein, dass die Verteilung durch einen funktionierenden Markt stattfand.

Der quantitativ enorme Zuwachs an potenziellen Lesern im 19. Jahrhundert findet seine Begründung in der Massenalphabetisierung. Das neue lesende Publikum akquirierte sich vornehmlich aus der unteren Mittelschicht.

3.5. Zensur und Presse. Von den zum Teil sehr scharfen Zensurbestimmungen im Österreich des 19. Jahrhunderts waren nicht nur Literaten betroffen. Die Zensur erreichte jeden Winkel der Kunst, Kultur und allen Elementen die Einfluss auf die öffentliche Meinung haben konnten. Betroffen waren Bücher, Broschüren, Zeitungen und Zeitschriften, Theaterstücke, Plakate, die bildende Kunst und die Musik. Und selbst Predigten, öffentliche Vorlesungen, Geschäftsbilder und Grabinschriften mussten sich der Kontrolle der behördlichen Zensurstellen unterwerfen. All dies diente der Erhaltung des bestehenden Systems. Jegliche subversive oder revolutionäre Idee sollte schon im Keim erstickt werden. Es herrschte der Konsens, dass bestimmte Bereiche des menschlichen Lebens nicht in Gänze der Öffentlichkeit zuteil werden sollten oder von dieser infrage gestellt werden dürften. Dazu gehörten Angelegenheiten des Staates, des Herrscherhauses, und der Religion.

Als erster Staat im Deutschen Bund hatte das Königreich Württemberg 1864 die volle Pressefreiheit eingeführt. Die Karlsbader Beschlüsse von 1819 hatten, bis zu ihrer Aufhebung im Revolutionsjahr 1848, die Ausübung einer freien journalistischen Tätigkeit erheblich beschnitten. Unter der Federführung Fürst Metternichs wurden während des Treffens, im zum österreichischen Kaiserreich gehörenden Kurort, Maßnahmen beschlossen, um eine als gefährlich und subversiv geltende Opposition liberaler- und nationaler Ausprägung mundtot zu machen.

Angestoßen durch die Forderungen der revolutionären Strömungen wurde am 1. April 1848 der Text des neuen provisorischen Pressegesetzes veröffentlicht. Viele der damaligen Journalisten lehnten diesen Entwurf jedoch als „’ein falsches, tückisches Gesetz’“ ab. Am 10. April wurde dieser Unmut öffentlich kundgetan, als der Schriftsteller- Und Redakteursverein gegen das Gesetz protestierte. Im Mai legte der Verein einen eigenen Gesetztesentwurf vor, der die völlige Aufhebung der Zensur und die Amnestie aller aufgrund der Zensurpraxis bisher Verurteilten forderte. Allerdings stellte dieser auch die Beleidigung des Landesfürsten, einer im österreichischen Land anerkannten Religion, den Aufruf zu einem gewaltsamen Umsturz der Konstitution, die Verbreitung von Tatsachen des Privat- oder Familienlebens unter Strafe.

Die gewaltsame Niederschlagung der Revolution hatte schwere Folgen für die Pressefreiheit. Der Ausnahmezustand, den Fürst Alfred Windischgrätz am 1. November 1848 verhängte, beinhaltete das Verbot Flugblätter, Plakate und andere Druckschriften ohne die ausdrückliche Bewilligung des Militärs zu publizieren. Auch die Auflagen der Pressemedien wurden massiv eingeschränkt. Davon vergleichsweise unbehelligt blieb die „Wiener Zeitung“, da sie als staatliches Blatt ohnehin unter der inhaltlichen Kontrolle der Regierung stand. Noch im Jahr 1849 war keine endgültige Regelung für eine Zensurbestimmung festgesetzt. Allerdings besagte ein kaiserliches Patent vom 13. März, dass die Zensur aufgehoben bleibe und nur wenige Tage zuvor hatte ein anderes Patent das Recht auf freie Meinungsäußerungen versprochen. Erst die Zensurverordnungen vom 14. November 1850 und das Silvesterpatent vom 31. Dezember 1851 stellte die alten Regelungen der Zensur wieder her. Die am 4. März 1849 erlassene und formal oktroyierte Verfassung wurde mit diesen Patenten praktisch aufgehoben. In unterschiedlichen Formen blieben diese repressiven Regelungen aus den kaiserlichen Patenten bis zum 18. Oktober 1918 in Kraft.


4. Exemplarische Vertreter der Medien 
Das Aufblühen verschiedenster Printmedien im 19. Jahrhundert war ein Indikator für eine sich emanzipierende Presse gegenüber der Bevormundung durch den Staat. Die hohe Anzahl der Neugründungen belebte das Presseangebot besonders im Revolutionsjahr 1848 und um das Jahr 1900. 

4.1. Die Wiener Zeitung. 1703 wurde unter der Bezeichnung „Wienerisches Diarium“ die noch heute bestehende und damit älteste Tageszeitung der Welt, die „Wiener Zeitung“ gegründet. Diese Bezeichnung trägt sie seit Januar 1780. Die erste Ausgabe des ursprünglich als Privatunternehmen etablierten Mediums erschien am 8. August 1703. Sie ging 1812 in Staatsbesitz über und wurde seit 1857/58 auch von diesem herausgegeben und in der österreichischen Staatsdruckerei hergestellt.

Einen hervorzuhebenden Bildungsanteil hatte sie ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit der Ausprägung einer Kultur- und Wissenschafts-berichterstattung. Dies kompensierte ihre, durch die Bevormundung des Staates gegebene Unfähigkeit, eine eigenständige politische Linie zu fahren. Die Wiener Zeitung ist seit 1810 ein Amtsblatt. Ein Charakterzug, der ihr auch bis zur Auflösung 1940 während der Zeit des NS-Regimes erhalten blieb. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges erschien die erste neue Ausgabe am 21.9.1945. Bis in die Siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts entwickelte sich die Auflage kontinuierlich nach oben. So waren es 1855 noch 4500 Stück, 1920 schon 10.000, im Jahre 1938 waren es 25.000 und 1970 rund 30.000 Exemplare pro Ausgabe. Um die Jahrtausendwende sank die Druckzahl auf ungefähr 24.000 Stück.

4.1.2. Aufbau und Erscheinungsbild der historischen Wiener Zeitung. Schon im Titel wird der primäre Bezug des Mediums deutlich. Den in der Kopfzeile des Titelblattes zentrierten doppelköpfigen Reichsadler mit den Herrschaftsinsignien der Habsburger – Reichsapfel und Zepter – umgeben die Bezug nehmenden Begriffe: „Österreichische, kaiserliche Wiener Zeitung“. Ausgabennummer und das genau Datum sind der dritte Bestandteil der Kopfzeile.

Der grafische Aufbau ist durchgängig dreispaltig. Im oberen Abschnitt der linken Spaltebefindet sich das Inhaltsverzeichnis. Auf dieses folgt ein amtlicher, darauf der nichtamtliche Teil. Erstgenannter Abschnitt enthält offizielle Verlautbarungen, Ernennungenoder sonstige, allgemeine Hinweise von Regierungsseite ausgehend. Der nicht amtliche Teil beschäftigt sich mit tagesaktuellen Ereignissen. Er berichtet in bis zu mehrseitigen Themenblöcken über das Geschehen in Österreich. Dem folgen Mitteilungen aus den verschiedenen anderen Staaten Europas und der Welt. In der Rubrik „Zur Tageslage“ wird gesondert auf ein aktuelles Thema eingegangen, das sich inhaltlich von den vorangegangenen abgegrenzt. Dem folgen ein Börsenbericht und weitere wirtschaftliche oder kulturelle Meldungen.




4.2. Die Presse
In Anlehnung an die Pariser „La Presse“ gründete der Unternehmer August Zang 1848 die Wiener Tageszeitung „Die Presse“. Die Erstausgabe erschien am 3. Juli 1848. In den ersten beiden Dekaden ihres Bestehens etablierte sich das Blatt als Indikator für die technische Modernisierung der Presse in Österreich und als Antrieb für journalistische Tätigkeit. Durch die Gründung der „Neuen Freien Presse“ 1864, dem Produkt der Abspaltung maßgebender Redakteure der „Presse“, wurde diese Führungsposition jedoch abgeschwächt. Das Medium war ab 1867 als Aktiengesellschaft eingetragen und erhielt dadurch einen offiziösen Charakter. Am 31. Oktober 1896 stellte die Zeitung schließlich ihren Betrieb ein.16 Die damaligen Abonnenten wurden dem Nachfolgeblatt der „Reichswehr“ überstellt. Einem kurzlebigen, aber insofern pressegeschichtlich relevanten Mediums, da es als Ursprung der „Kronen Zeitung“ gilt. Auch redaktionell baute die Kronen Zeitung auf der Presse auf, war doch der erste und langjährige Redakteur, Richard Eisenmenger, auch der letzte verantwortliche Redakteur der Presse.17 Mehr als dreißig Jahre erschienen die Presse und die Neue Freie Presse als Konkurrenzmedien parallel. Die Neue Freie Presse konnte sich besonders unter der Leitung von Moritz Benedikts zur „Leitmedium“ des großbürgerlichen Liberalismus steigern. Sie wurde zum beachteten Weltblatt der Donaumonarchie und zählte um 1900 zu den drei auflagenstärksten österreichischen Tageszeitungen.

4.2.1. Aufbau und Erscheinungsbild der historischen Presse. Der Aufbau der Presse ist abgesehen von der Kopfzeile, dreispaltig ausgelegt. Zentriert im oberen Teil des Titelblattes steht der Titel: Die Presse. Links davon befindet sich das Editorial, auf der rechten Seite ein Hinweis auf die Abonnement-Angebote des Mediums. Auf dem, unter diesen Elementen folgendem Trennbalken, sind Ausgaben- Nummer, das genaue Datum und der Publikationsort sowie der Jahrgang der Zeitung genannt. Der inhaltliche Abschnitt beginnt schon auf der Titelseite. Die einzelnen Artikel sind nur durch eine Überschrift getrennt. Den überwiegenden Teil vom Feuilleton ausgefüllt. Auf der letzten Seite werden Anzeigen gedruckt. Ein Lokal- Anzeiger mit Mitteilungen aus der Region ist jeder Ausgabe angefügt. 





4.3. Die Kronen Zeitung
Die Kronen Zeitung ist, auch in der heutigen Zeit, die auflagenstärkste Tageszeitung Österreichs. Schon kurz nach ihrer Einführung im Jahre 1900 konnte sie diese Position das erste Mal erreichen. Das genaue Gründungsdatum ist der 2. Januar 1900. An diesem Tag wurde sie von Gustav Davis als Nebenausgabe der „Reichswehr“ herausgebracht. Noch unter dem offiziellen Titel „Österreichische Kronen Zeitung“ machte sie sich die zeitnahe Aufhebung des Zeitungsstempels zu nutzen und auch nach ihrer Neugründung 1959 dauerte es nicht lange, bis sich das Boulevardblatt wieder am österreichischen Zeitungsmarkt etabliert hatte.

4.3.1. Aufbau und Erscheinungsbild der historischen Kronen Zeitung. Ebenso wie die „Kleine Zeitung“ basiert die Kronen Zeitung auf dem Prinzip der „Kleinen Blätter“. Das bedeutet ein praktisches Zeitungsformat von etwa einer DIN. A4 Seite, das sich im Vergleich zu großformatigen Medien leichter unterwegs konsumieren und transportieren ließ. Der Preis für eine Ausgabe wurde programmatisch auf den einer Semmel festgelegt. Ein Monatsabonnement kostete eine Krone. Daher hat der Titel „Kronen“ Zeitung nicht mit einer Anlehnung an die Monarchie zu tun, sondern bezieht sich auf die damalige Währungseinheit von einer Krone. Die Kombination aus einer umfangreichen Lokalberichterstattung, einem, auch für die breite Masse der Bevölkerung, leistbarem Preis und der populären Stilform der kleinformatigen Printmedien, brachte der Kronen Zeitung Erfolg. Ihren endgültigen Durchbruch in der Donaumonarchie feierte das Blatt mit der für damalige Verhältnisse ungewöhnlich investigativen Berichterstattung vom „Königsmord zu Belgrad“. Eigens entsandte Reporter berichteten direkt aus Belgrad über die Umstände und Stimmung vor Ort.

Seit 1905 wurde das Blatt unter dem Titel „Illustrierte Kronen-Zeitung“ vertrieben. Dies findet in dem damals prozentual noch sehr hohen Anteil an illustrativen Elementen seine Begründung. Dies war eines, wenn nicht das, wesentliche Argument für die Akteure des NS-Regimes, das Medium nicht einzustellen, sondern es der Gleichschaltung zu unterziehen und für ihre propagandistischen Zwecke einzuspannen.





4.4. Die Kleine Zeitung
Die Zeitung wurde am 22. November 1904 als Tageszeitung des Katholischen Pressvereins der Diözese Graz-Seckau gegründet. Sie sollte, sowohl durch das praktische Format, die inhaltliche Aufbereitung als auch den niedrigen Preis eine wenig verdienende Leserschaft ansprechen. Thematisch wollte man sich von den parteipolitischen Blättern abheben. Zu dieser Zeit hatte sie eine durchschnittliche Auflage von 30.000 Stück.24 Verlegt wurde das Blatt im Styria Verlag. Opfer der Gleichschaltung durch das NS-Regime wurde die Kleine Zeitung am 12. März 1938. Dem folgte die Einstellung des Mediums 1945 und, drei Jahre später, am 2. Mai 1948 die Neugründung. 1999 wurde die Kleine Zeitung als eigenständiges Unternehmen aus der Styria Medien AG ausgegliedert. Die Gesamtauflage im Jahr 1998 erreichte 290.00 Stück. Heute erscheint das Blatt mit Hauptausgaben in Graz und Klagenfurt. 

4.4.1. Aufbau und Erscheinungsbild der historischen Kleinen Zeitung. Beinahe unmittelbar nach der Gründung konnte sich die Kleine Zeitung als Marktführer in der Steiermark etablieren. Hauptverantwortlich dafür ist das um die Jahrhundertwende populär gewordene Konzept kleinformatiger Medien. Der seit den Achtzigerjahren des 19. Jahrhunderts schon mehrfach unternommene Versuch, solch ein journalistisches Muster einzuführen, wurde unter anderem auch schon von dem größten Konkurrenzmedium genutzt – der Kronen Zeitung. 


 
4.5. Das Linzer Volksblatt 
Die erste Ausgabe wurde am 2. Januar 1869 unter dem Titel „Linzer Volksblatt“ vom katholischen „Preßverein“ in Linz herausgegeben. Von Beginn an konnte sich das Blatt eines vorhandenen Kundenstamms sicher sein, da sie die Abonnenten des „Linzer Abendboten“ beziehungsweise der „Linzer Neusten Nachrichten“ übernahm. Im Gegensatz zu anderen Lokalmedien zielte das Linzer Volksblatt auf eine Erweiterung des städtischen Leserkreises ab. Ausdruck dessen ist der Titelzusatz „für Stadt und Land“. Letztendlich blieb die Zeitung mit ihrer Auflage aber immer hinter dem primären Konkurrenzmedium, der „Tages-Post“ zurück. 

4.5.1. Aufbau und Erscheinungsbild des historischen Volksblattes. Grafisch gleicht der Aufbau des Volksblattes dem der „Wiener Zeitung“ und der „Tages-Post“. Den zentrierten Titel in der Kopfzeile umgeben Editorial und Abonnenteninformationen. Noch auf der Titelseite beginnt der inhaltliche Teil der Zeitung. Im unteren Drittel ist ein Fortsetzungsroman abgedruckt. Am Anfang des mittleren Seitenspiegels stehen zumeist die Berichterstattung aus dem Ausland oder aber inländische Themen von besonderer Brisanz. Diese Themen setzen sich auf den nächsten Seiten fort. Darauf folgen lokale Nachrichten, Mitteilungen oder Anzeigenseiten.






 4.6. Die Tages-Post / Tagespost 
Am ersten Januar 1865 erscheint die erste Ausgabe der „Tagespost“. Herausgegeben und gegründet wurde die Zeitung von Josel Wimmer. Noch im ersten Jahr abonnieren 61 Leser das Blatt, ein Jahr darauf sind es 1700. Erstmals kann die Tagespost 1871 einen Gewinn erwirtschaften. Pro Ausgabennummer werden in diesem Jahr 2000 Exemplare gedruckt.

4.6.1. Aufbau und Erscheinungsbild der Tages-Post / Tagespost. Im Aufbau ist die Tages-Post, sowohl der Grazer als auch der Linzer Ausgabe eng verwandt mit dem optischen Auftritt der „Wiener Zeitung“ und dem des „Linzer Volksblatts“. Auch hier steht der Titel zentriert in der Kopfzeile des Titelblattes. Editorial und Abonnementinformationen jeweils links und rechts daneben. Der inhaltliche Teil der Zeitung beginnt noch auf dem Titelblatt. Er ist durchgehend dreispaltig gehalten.