Endstation Hebammen

© Christopher Eder / Endstation Hebammen / 2011
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Ein Studiengang steht vor dem Aus, das erhitzt die Gemüter
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Von Stefan Krausler   08. Mai 2011


Graz, Steiermark – Im April wurden Sparmaßnahmen im Sozialbereich von der Landesregierung beschlossen, die ersten Konsequenzen spürt ein Studienang an der FH JOANNEUM. 

Stefan Krausler ist Vorsitzender von Join, der Hochschülerschaft an der FH Joanneum. Am 7. April startet er wie jeden Morgen mit einem Kaffee und der „Kleinen Zeitung“ in den Tag. Italien gewährt Flüchtlingen Aufenthaltserlaubnis steht dort als Aufreißer, in der Chronik stellt Ruth Elsner ihr Buch über ihre Sicht der Dinge zum BAWAG-Skandal vor. Stefan trinkt einen Schluck, blättert weiter und stutzt - Die Kleine Zeitung schreibt: „Hebammen Studiengang an der FH Joanneum ausgesetzt“. 

Zur gleichen Zeit erreichen zweihundert Briefe mit zweihundert Absagen alle Bewerber des Studienganges Hebammen in der Steiermark. In dem Schreiben heißt es: „Im Zuge der Optimierung des Studienangebots der FH Joanneum wird das Hebammenstudium für den Jahrgang 2011 ausgesetzt.“. Dazu der Hinweis, man könne sich ja einen anderen Studiengang aus dem Angebot aussuchen, und sich dort noch schnell bewerben. 

Dabei hatten sich heuer wieder 200 Interessierte für einen der 15 Plätze im Jahrgang 2011 beworben. 

Mittlerweile ist Stefan in der Urban Box. Hauptquartier von Join und Zentrum der studentischen Aktivitäten auf dem Campus der FH Joanneum. Zusammen mit Frederike Hesse, Studiengangssprecherin der Hebammen, erfährt er die Ursachen für die Schreckensmeldung der „Kleinen Zeitung“. Das Rektorat bestätigt: der Hebammen Studiengang wird ausgesetzt. 

Grund für diesen rigiden Eingriff sind die allgemeinen Sparungsmaßnahmen, die landesweit alle Hochschulen und nun auch besonders hart die FH Joanneum betreffen. Dass ein ganzer Jahrgang daran glauben musste, hat verschiedene Gründe. Die Hauptargumente sind die hohen Kosten des Studienganges und eine Bedarfsdeckung an Hebammen in der Steiermark. Dazu kommt, dass voraussichtlich drei geburtshilfliche Stationen in der Steiermark geschlossen werden. 

Irritation macht sich breit, als klar wird, dass die Entscheidung komplett ohne die Information oder Mitwirkung der Studienvertretung oder JOIN getroffen wurde. Die jetzigen Studentinnen sind nur durch einen Hinweiß auf der Webseite des Studiengangs auf die Streichung aufmerksam geworden. 

Clara Mössinger, aus dem Jahrgang 08, warnt vor den Folgen dieser Maßnahmen. Die Nachfrage im außerklinischen Bereich, die Betreuung von Familie zu Hause in der Schwangerschaft, bei der Geburt und danach sei auf keinen Fall abgedeckt. Jeder könne irgendwann auf das Recht zurückgreifen, Hebammenbetreuung wahrzunehmen und diese von der Krankenkasse gezahlt zu bekommen. Durch präventive Betreuung könnten auserdem viele Probleme bereits vorab ausgemerzt werden. Wie etwa bei überforderten Müttern. Vorausgesetzt es sind dann genug Hebammen da. 

Die FH Joanneum bietet den einzigen Studiengang für Hebammen in der Steiermark an. Er ist österreichweit bekannt für die hohe Qualität seiner Ausbildung. Darüber hinaus gibt es Landesweit neun weitere Hochschulen mit einem ähnlichen Angebot. 

Die Bestürzung bleibt. Besonders die autoritäre Art und Weise, wie die Entscheidung gefällt wurde, beschäftigt das Vorsitzenden-Team rund um Stefan. „Es ist ganz und gar nicht zukunftsweisend, wenn man bei der Bildung und Nachwuchsfördung zu sparen beginnt. Hier geht es schließlich um Weitsicht.“ Sagt er. Auch Frederike Hesse hätte sich offene Verhandlungen in Rücksprache mit dem Hebammen Studiengang gewünscht. 

Für die Bewerber ist der Zug in diesem Jahr zumindest abgefahren. Die Entscheidung steht: 2011 ohne die Hebammen. Was bleibt, ist die Unsicherheit, dass es in Zukunft jeden anderen Studiengang genauso treffen kann.


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