Die freundlich schwarze Community

© Asmodeus / Dunkles Leben / Wuppertal / 2012
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 Dunkles Leben ist mehr als nur ein Forum – Sein Schöpfer im Gespräch
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Das Gespräch führte Hubertus J. Schwarz   30. Januar 2012

Wuppertal, Deutschland – Dunkles Leben. Eine Community für Goths von Goths. Im Vergleich zu Network Giganten wie Facebook oder Twitter ein kleines Forum. Dennoch wächst Dunkles Leben seit Jahren im Schatten heran. Schöpfer Asmodeus sprich über "sein" DL und darüber, was es bedeutet für solch ein Projekt zu leben.

Was macht DL für dich aus?
DL bedeutet für mich im Alltag vor allem erst einmal eine Menge Arbeit, Verantwortung und wesentlich weniger Freizeit. Die Community bedeutet mir sehr viel, da sie seit Jahren in dem von mir gewünschten Modus "freundlich-schwarz" bestens funktioniert. Darüber hinaus verbindet mich DL auch mit den Menschen, die mir in meinem Leben am wichtigsten sind.

Wie nahm das Projekt seinen Anfang? 
DL entstand im Jahr 2006 eigentlich als eine Trotzreaktion auf die teilweise unmögliche Forenkultur. Das konkret auslösende Ereignis war, dass mir als neuem User dort etwas verboten wurde, was bei anderen Usern aber in Ordnung war. Die Begründung des Admin lautete sinngemäß, dass die Anderen schon länger Mitglieder wären. Das ging mir so gewaltig gegen den Strich, dass ich mein bis dahin privates Mini-Forum als öffentliches Forum neu startete, mit der festen Absicht, einen Kodex zu haben, der für alle gleichermaßen gilt und wo kein Stammuser sich mehr herausnehmen darf, als es neue User dürfen.

Welche Hürden galt es dabei zu überwinden? 
Wie bei allen Foren und Projekten ist es zu Beginn natürlich sehr schwer erst einmal attraktiven Content zu produzieren, der es dann anderen Usern schmackhaft macht, sich zu beteiligen. Ein weiteres Problem bestand zu Anfang auch noch in der Servertechnik, diversen Performance- und Sicherheitsaspekten und natürlich vor allem auch darin eine gewisse Marktdurchdringung im Internet zu erarbeiten ohne dabei zu spammen.

In welche Richtung hat sich DL seit seiner Begründung entwickelt? 
Wir sind größer geworden. Die Zeiten, in denen ich alle User noch kannte, sind seit Jahren vorbei. Die Wahrscheinlichkeit, Goths in der Nähe zu finden, ist für die User mittlerweile sehr groß. So betreiben wir inzwischen regelmäßige Usertreffen und auch Festivals werden zum Anlass genommen, Usertreffen mit größeren Teilnehmerzahlen zu veranstalten. Die "virtuelle“ Community hat sich längst auch zu einer ganz realen Gemeinschaft entwickelt, bei der sich feste Freundschaften und Liebespaare gefunden haben – diese Entwicklung freut mich persönlich am meisten.   

Gab es jemals Gründe, die dich vor die Entscheidung gestellt haben, das Forum zu schließen? 
Solche Überlegungen existieren nicht. Im Gegenteil: für den Fall meines Ablebens sind sogar Anweisungen hinterlegt, die eine Nachfolge regeln. DL war zwar eigentlich schon immer das gemeinsame Projekt meiner Ex-Partnerin und mir, doch selbst als wir uns im August 2011 getrennt haben, war für beide völlig klar, das DL auf jeden Fall weiterbesteht.   

Was nimmt dich bei der Arbeit mit DL am meisten in Anspruch? 
Die Prüfung neuer User hinsichtlich einer Freischaltung benötigt mit Abstand die meiste Zeit. Der Rest verteilt sich gleichmäßig auf die Bearbeitung von Anfragen und die allgemeine Pflege des Forums (Beiträge verschieben, Themen splitten usw.). Jedoch wird mir Dank unseres hervorragenden Teams sehr viel Arbeit abgenommen. Im Durchschnitt gehe ich von ca. 2 Stunden pro Tag für DL aus.

Wie sieht dein Surfverhalten im Internet aus? 
„Zuviel" wäre wohl das passende Wort.


Wie stehst du social networks wie Facebook oder Google+ gegenüber?
Privat nutze ich solche Netzwerke, bin jedoch extrem skeptisch gegenüber Applikationen und offenbare nur Informationen, die entweder unbedingt nötig sind oder die sowieso jeder wissen darf. Allerdings bin ich kein Freund davon, Projekte wie DL in solche Netzwerke zu integrieren, weil es Paralleldiskussionen und -gesellschaften eröffnet, denen dann nur die dort angemeldeten Teilnehmer folgen können, was somit andere DL-User ausschließt. DL selbst hat auch keinerlei Verknüpfungen (z.B. über "Gefallen"-Schaltflächen) zu solchen Netzwerken.   

Bist du mehr Administrator und stehst so in gewisser Weise über dem User oder siehst du dich als Mitglied einer Gruppe? 
Es wäre gelogen zu leugnen, dass man als Admin nicht in gewisser Weise über der Community steht. Das ist leider ein notwendiges Übel, denn eine so große Community kann nicht als reine Demokratie existieren, vor allem dann nicht, wenn einer die letztendliche Verantwortung zu tragen hat. Wenn man einen User zu entfernen hat oder aus Gründen des Rechts bestimmte Dinge löschen oder verbieten muss, existieren in der Regel immer andere User, die das nicht nachvollziehen können oder wollen.

Wie sieht dein Auftritt als Admin konkret aus?
Da das Auftreten eines Admins immer mit einem gewissen Maß an Autorität verbunden ist und das „Gemeinschaftliche“ in einer Community beeinträchtigt, versuche ich dies zu kompensieren, in dem ich nur noch an sehr wenigen Diskussionen selbst aktiv teilnehme, mich selbst als den "bösen Asmodeus" gerne etwas auf die Schippe nehme, Entscheidungen wie die Aussperrung von Usern öffentlich begründe und kaum noch persönlichen Kontakt zu einzelnen Usern pflege (um den Anschein einer Bevorzugung zu vermeiden).

Das heißt, du nutzt DL gar nicht mehr persönlich?
Unter dieser Betrachtung habe ich von DL wirklich wesentlich weniger, als noch zu der Zeit, als die Community nur aus Freunden bestand. Doch ich beklage mich nicht, denn es ist ein sehr befriedigendes Gefühl zu wissen, dass man mit seiner Arbeit so vielen Menschen ein beliebtes „virtuelles“ Zuhause geschaffen hat.   

Wie ist deine Beziehung zur Gothic Szene? 
Ich pflege einige persönliche Kontakte zur Künstlerszene der Gothic Szene, so dass mir bei diversen gemeinsamen Projekten auch mal Menschen wie „The Violet Tribes “ oder die Jungs von „The House of Usher“ über den Weg laufen. Dennoch würde ich mich selbst nicht als DER Szenegänger bezeichnen, da ich mich nie gerne auf eine "Schublade" festlegen lasse. In einem guten House – Club kann man mich ebenso finden, wie in einem Grufti – Schuppen oder auf einem Folk – Konzert. Vielleicht wäre ich ohne DL inzwischen auch schon gar nicht mehr so wirklich Goth... aber, wann ist man schon "wirklich" Goth?

Wie lange willst du das Projekt noch weiter führen? 
Ich antworte meist lapidar darauf: "DL stirbt mit mir", aber lieber wäre es mir eigentlich, wenn DL mich überleben würde. Ist doch ein schöner Gedanke, wenn etwas so kommunikations- und kontaktförderndes wie DL weiterlebt. Sicher, die Technik ändert sich und so wird auch DL in 10 Jahren nicht mehr auf der gleichen Plattform betrieben werden (können), aber die Dinge, die wirklich wichtig sind (unser Motto "freundlich-schwarz", die Gleichbehandlung aller User usw.), werden immer das Wesen unseres Projektes ausmachen.


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Interviewgast: Asmodeus (Administrator von Dunkles Leben)
Fotos: Ralf Paufen, Stigma, Asmodeus