© Christopher Eder / Apokalypse now / 2012 |
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Inferno in Graz, Führende Experten haben bestätigt, dass...
[ Apocalyspe Now II ]
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Von Hubertus J. Schwarz 31. Januar 2012
Graz, Steiermark – Warum
plärren wir Menschen den Untergang unserer Art so unermüdlich herbei?
Auch 2012 ist wieder ein Jahr in dem die Menschheit kollektiv den Löffel
abzugeben hat. So zumindest prophezeien es uns viele, "hochdekorierte"
Hyde-Park Prediger in Berufung auf einen Mayakalender.
Wie sang schon Stumpen von Knorkator: “Wir werden alle sterben, haltet euch bereit. Die Zeichen sind eindeutig, bald ist es soweit…“
Inzwischen
haben es sicher alle schon mitbekommen: Die Welt wird dieses Jahr
untergehen. Genauer am 21.12.2012. So zumindest wird eine rund 800 Jahre
alte Mayahandschrift, die für dieses Datum den Beginn einer neuen Ära
voraussagt, gedeutet. Dieser Haufen vergilbten Pergaments wird Codex Dresdensis genannt.
Aus dem einfachen Grund, da sich der Text im Besitz der Dresdner
Nationalbibliothek befindet. Über die Herkunft ist nicht mehr bekannt,
als dass ihn ein Wiener im 18. Jahrhundert an den sächsischen
Bibliothekar Christoph Götze verkaufte. Angeblich für nicht viel mehr
als die Versandkosten.
In
dieser Schrift heißt es, der 13. "Baktun", also der 13. Kalenderzyklus
der Mayazeitrechnung, wird an diesem Tag enden. Die Maya sagen damit
allerdings nicht das Ende der Welt, sondern lediglich das Ende einer
Kalenderperiode voraus. Daher gehen selbst die meisten der heute noch
lebenden Maya davon aus, dass auf den 21.12. nichts anderes als der
22.12. folgen wird.
Allgemein belächelt unsere Gesellschaft alles, was
mit Prophetie zusammenhängt. Würde man die gleiche Aussage aber Analyse
nennen und ihr ein „Führende Experten haben bestätigt, dass…“
voransetzen, dann würde wohl ein Großteil der Menschen panisch beginnen,
die Supermärkte zu plündern, das letzte Geld verjubeln und alle guten
Vorsätze über Bord des sinkenden Schiffes werfen. Stellt sich hingegen
ein schmuddelig gekleideter Opa mit Rauschebart und dezent irrem Blick
vor die führenden Köpfe der Welt und behauptet, die Erde sei rund, so
hallt das Gelächter bis hinauf an die hohen Decken des Vatikans.
Auch
heute zweifeln viele namhafte Experten der Mayakultur an der
apokalyptischen Auslegung des Datums. So betont etwa der Archäologe
Guillermo Bernal, dass es viele weitere Ankündigungen der Maya gebe, die
weit über das Jahr 2012 hinaus gehen. Etwa eine astronomische
Vorhersage, die sich auf das Jahr 4772 bezieht. Da alle Kalenderdaten
der Mayaschriften aufeinander abgestimmt sind und keine den anderen
widerspricht, kann sich die Erwähnung des 21.12. kaum auf einen
Weltuntergang beziehen. Zumindest nicht, wenn es danach noch andere,
weiterführende Vorhersagen gibt. So argumentiert Guillermo Bernal.
Letztendlich spricht auch keiner der vier bekannten Maya-Codices
davon, dass die Welt 2012 untergeht. Die Texte prophezeien nicht einmal
ein schlimmes Ereignis. Alle Notizen zu diesem Thema weisen lediglich
darauf hin, dass der 21.12. ein wichtiges Datum ist. Worauf sich dies
bezieht, bleibt unklar. Es könnte also a lá Nostradamus auf ein zyklisch
wiederkehrendes Naturereignis hinweisen, die Entstehung einer neuen
Kunstepoche vorhersagen – oder eben den Beginn des 14. Baktun.
Vielleicht ist es aber auch nur ein Vermerk für das besonders illustre
Paarungsverhalten von Amazonas Faultieren bei leichtem Nieselregen.
Ein
Indiz für viele der Untergangsbefürworter ist das sogenannte Monument
6. In den 60er Jahren wurde dieser behauene Stein beim Bau einer
Autobahn in Südmexiko gefunden. Die Inschrift beschreibt ein Ereignis am
21.12., in dem Bolon Yokte eine Rolle spielt. Diese Mayagottheit wird
sowohl mit Krieg als auch mit Schöpfung in Verbindung gebracht. Der Rest
der eingravierten Schriftzeichen ist – wie praktisch – durch Erosion
und Absplitterungen nicht mehr zu entziffern. Auch hier sind
Interpretation und Fantasie keine Grenzen gesetzt.
Wie über jeden Termin für den Weltuntergang
kann man auch für den 21.12.2012 genauso viele positive wie negative
Deutungen aus den Hinterlassenschaften der alten Maya herauslesen. Und
nachdem wir zumindest hier in Europa in einer relativ freien
Gesellschaft leben können, bleibt es jedem selbst überlassen, ob er sich
auf das nahende Ende vorbereitet oder doch schon Geschenke für den 24.
kauft. Verhindern können wir das angebliche Spektakel ohnehin nicht.
Wobei, erst neulich haben führende Experten bestätigt, dass...
ILLUSTRATION: Christopher Eder