Der amerikanische Vergleich

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 Ein Nachrichtenmagazin spricht über Deutschland und die Vereinigten Staaten
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Von Hubertus J. Schwarz   8. Februar 2012

 
Klagenfurt, Österreich – Die Berichterstattung des SPIEGEL Magazins im Bezug auf die Vereinigten Staaten von Amerika. Eine Betrachtung der Aprilausgaben aus dem Jahr 2012.

Den Vereinigten Staaten von Amerika wird aufgrund ihrer Stellung, als eine der tonangebenden Nationen unserer Zeit, eine vergleichsweise hohe Aufmerksamkeit nicht amerikanischer Medien zuteil. So ist auch das deutsche PrintproduktDER SPIEGEL als politisch ausgerichtetes Magazin eine Zeitschrift, die es sich nicht leisten kann, auf eine Berichterstattung über Amerika zu verzichten. 

Wann immer die USA in den Artikeln auftaucht, geschieht das meist in einem vergleichenden Kontext. Insbesondere im Bezug auf Deutschland. Der deutsche Durchschnittsbürger tut dies, der amerikanische jenes, der Deutsche zahlt 65,5 Prozent Energiesteuer, der Amerikaner dagegen nur 11 Prozent. Besonders präsent ist dieser „amerikanische Vergleich“ im Titelthema der Ausgabe Nr.14 vom 2. April 2012. Unter dem Titel „Schatz in der HafenCity“ schreibt Autor Alexander Jung über die Preisunterschiede der Energiesteuerabgaben zwischen der Bundesrepublik und den Vereinigten Staaten. 

Wobei die Intention Amerika als Vergleichselement heranzuziehen darin eine Begründung findet, da dort der Energie-Steuersatz im Gegensatz zum deutschen Pendant beeindruckend niedrig ist. „Noch weniger müssen Autofahrer in den Vereinigten Staaten an den Staat abführen: Dort machen die Energiesteuern lediglich elf Prozent des Verkaufspreises aus. In den USA kostet ein Liter Benzin nicht mal halb so viel wie in Deutschland, umgerechnet sind es rund 72 Euro-Cent.“  So Jung. 

 Allerdings geschieht dieser Vergleich ohne Wertung der USA. Er dient an dieser Stelle lediglich dazu, dem Leser die enormen Unterschiede im Bezug auf die Mineralölsteuern aufzuzeigen. Ebenso wie im folgenden Artikel „Fossiles Finale“ . Auch hier werden anschaulich anhand einer Grafik die USA und ihre Ölreserven beziehungsweise Ölproduktionen aus dem Jahr 2010 ins Verhältnis zu anderen Öl fördernden Nationen gestellt.

Eine erste, wirkliche Wertung erhält der amerikanische Vergleich im Artikel „Gute Heimreise!“  Der Text von Christian Neef beschäftigt sich mit dem geplanten Abzug der US-amerikanischen Streitkräfte aus Afghanistan. Das Größenverhältnis zwischen der Truppen- und Kriegsmaterialstärke der USA und der Bundeswehr wird zwar nicht direkt in Bezug gesetzt, tatsächlich werden in Zahlen nur die deutschen Kosten, Personen und Güter genannt. Dabei sieht sich jedoch vor allem die Vorgehensweise der Amerikaner einer kaum verhohlenen Kritik ausgesetzt. Die Art und Weise wie die US-amerikanischen Streitkräfte, erklärte politische Gegner, nun auf ein Mal umworben werden, um sich einen Vorteil und die Zusage für den Abtransport durch das jeweilige Hoheitsgebiet zu sichern, findet keine positive Darstellung.

So schreibt Autor Neef etwa über die Annäherung der Amerikaner an das nach wie vor mit Handelsbarrieren belegte Usbekistan: „Die USA unterhielten bereits bis 2005 eine Luftwaffenbasis in Usbekistan. Doch dann schlug Karimow in der Großstadt Andischan blutig einen Aufstand nieder, Washington fror die Beziehungen ein, Karimow ließ den Flughafen schließen. Das alles soll nun vergessen sein, plötzlich entdecken die Amerikaner ihre Liebe zu Usbekistan. Fast jede Woche klopften Gesandte beim dortigen Staatschef an.“ 

Kuriose Züge erreicht der amerikanische Vergleich im Kulturteil des Magazins. Die Kritik „Möge der Quatsch mit dir sein“ von Wolfgang ­Höbel beschäftigt sich mit dem finnischen Film „Iron Sky“, in dem wiederum ­die USA nicht als vorausschauend und gut geführte Nation dargestellt werden. Die satirische Handlung dreht sich um Nazis, die nach dem Zweiten Weltkrieg auf die Rückseite des Mondes flohen und nun eine Invasion der USA planen. Ermöglicht wird diese jedoch erst durch das Handeln der USA selbst. „Das Saublöde und das Hintersinnige liefern sich in "Iron ­Sky" einen übermütigen Wettstreit.  

Dank eines von den amerikanischen Astronauten mitgebrachten Smartphones können die Weltraumnazis ihr riesiges, auf den Namen "Götterdämmerung" getauftes Invasionsflottenleitschiff für kurze Zeit in Gang setzen, dann fällt die Maschine wieder aus. Also müssen mehr Smartphones her. Der Elitekämpfer Adler und die Lehrerin Richter werden auf eine Mission Richtung Erde geschickt, den gefangenen US-Astronauten (Christopher Kirby) schleppen sie als Scout mit. Und bald geht es auch in New York drunter und drüber.“  Höbel schneidet auch die politisch, karikierenden Elemente des Filmes an: „Tatsächlich zeichnet sich "Iron Sky" durch sehr viel sehr schlechten Geschmack aus. Eine amerikanische Präsidentin, die bis aufs Lächeln Sarah Palin gleicht und von Stephanie Paul gespielt wird, schickt im Jahr 2018 zwei Astronauten auf den Mond, weil sie damit die nächsten Wahlen zu gewinnen hofft.“

Um einiges subtiler wird die Rolle der USA in der ersten Nennung der 15. Ausgabe umschrieben. Mit „Der Super-Gigant“  ist der Titel des Textes von Bernhard Zand betitelt. Inhalt des Artikels ist die Entwicklung der irakischen Wirtschaft nach dem Abzug der US-amerikanischen Streitkräfte. Stellvertretend für die USA ist von „dem letzten US-Soldaten“ die Rede, der Synonym für die amerikanische Armee stehe, welche im Falle eines neuerlichen Bürgerkrieges zu intervenieren bereit wäre. „Vor drei Monaten schließlich hat der letzte US-Soldat den Irak verlassen - und mit ihm die Gewissheit, dass im schlimmsten aller Fälle eine Armee bereitstünde, um das Land vor einem neuerlichen Versinken im Bürgerkrieg zu retten.“  Als Akteure der Handlung stehen die Ölkonzerne, allen voran Exxon Mobile, Pate für die amerikanischen Interessen. 

Unter dem Titel „sechs Minuten in Florida“ darauf folgt in der Auslandsrubrik ein Bericht über wiederaufflammende Rassenkonflikte in den USA. Ausgelöst, durch den eventuell rassistisch motivierten Mord eines afroamerikanischen Jugendlichen durch den weißen Amerikaner George ­Zimmerman. Das Bild, das hier von den Vereinigten Staaten gezeichnet wird, ist geprägt von gesellschaftlichen Problemen und Missständen. Autor Ullrich ­Fichtner schreibt: „Der Furor der Diskussionen, die erst aus Solidarität mit den Eltern begonnen haben, nun aber in giftigen Streit mit den Verteidigern ­Zimmermans münden, erklärt sich damit, dass wenigstens die Hälfte der Amerikaner über sich und den Zustand ihrer Gesellschaft erschrickt.“

Das Bild, das durch die hier angeführten Inhalte von den Vereinigten Staaten gezeichnet wird, ist in hohem Maße negativ. Dies deckt sich mit der durchschnittlichen Darstellung der USA im SPIEGEL Magazin des Untersuchungszeitraums April 2012. In kaum einem Fall wird über die amerikanische Gesellschaft oder die Politik der USA in einem bejahenden Kontext berichtet. Krieg, gesellschaftliche Querelen oder das rücksichtslose, auf den eigenen Vorteil bedachte Verhalten der amerikanischen Nation gegenüber dem Rest der Welt, wechseln sich fortwährend ab. Für den SPIEGEL sind die USA ein Garant für immer neue, abschreckende Berichterstattungen. 



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