Konflikt Waldorf

© ahnungsvoll /  Eurythmie aktiv 2 / Hamburg / 2009




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Intransparente Parallelgesellschaften und Scheuklappendenken bringen die Waldorfschulen in Verruf
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Von Hubertus J. Schwarz   22. Februar 2009

Dornach, Schweiz – Die strikte Einhaltung der Waldorfschulen Doktrin durch das Regime des Schulkollegiums, besetzt von Anthroposophen in der dritten Generation die versuchen den Gnostizismus Rudolf Steiners unter allen Umständen durchzusetzen bringt diese Alternative zum verkalkten staatlichen Schulwesen leider viel zu oft in Verruf.

Wenn man von Waldorfschulen hört oder liest, so wird man mit der Zeit zwischen den zwei am häufigsten vertretenen Argumentationswegen zu differenzieren wissen. Der Positive beschäftigt sich mit den Vorzügen, wird von humanitärem Lernen, alternativer Schulform und individueller Hilfestellung für den Schüler sprechen. Der abwertende Andere von der Notwendigkeit, Leistung durch Druck zu erzielen, von Inkonsequenz oder gar Inkompetenz der Lehrkräfte, beziehungsweise von einer Fehlinterpretation der Gedanken Rudolf Steiners und insbesondere von Vetternwirtschaft... 

Waldorfschule, das heißt, bis zur Mittelstufe keine Noten, kein Durchfallen und kein überbordender Erwartungsdruck seitens der Lehrer. Es gilt als Aushängeschild dieser Lehrphilosophie neben der Wertlegung auf künstlerische und musische Bildung, dass auf jeden Schüler individuell eingegangen wird, jeder in seinem Tempo lernen darf und soll.

Die Waldorfschulen berufen sich auf diese Individualität, doch im Grunde unterstützen sie das genaue Gegenteil. Gemeinschaftssinn, Gruppenarbeit und Zugehörigkeit wird lanciert. Der Auftakt hierzu ist schon allmorgendlich, denn vor Beginn eines jeden Schultages gehen viele der Schüler, meist die Kinder anthroposophisch eingestellter Elternhäuser in die sogenannte „Handlung“. Eine Art Bekenntnis für die Verfechtung der gnostischen Glaubenslehre Steiners, die anderen Kinder bleiben zurück. In jeder der 958 Waldorfschulen weltweit wird nun der Morgenspruch zelebriert:
„Ich schaue in die Welt, in der die Sonne leuchtet …“
Der gute Anthroposoph tut das, doch kaum einer schaut über seine Welt hinaus. Ironischer Weise können viele Schüler diesen Spruch, welchen sie die gesamte Schulzeit über sprechen, nicht allein und auswendig daher sagen. Selbst Gründer Rudolf Steiner erkannte dies schon und prägte eigens den Ausdruck, chorische Intelligenz, ohne jedoch seinen Jüngern einen Lösungsvorschlag auf den Weg zu geben. 

Doch hört es damit nicht auf. Nein, vielmehr ist die gesamte Waldorfgemeinde gespalten. Einmal in das anthroposophische Lager. Jene, die Rudolf Steiner und seinen Gnostizismus zu leben versuchen. Eine eingeschworene Gruppierung Gleichgesinnter. Und auf der anderen Seite steht nun der gemeine, der Durchschnittsbürger, welcher die Steiner Schulen als Alternative für Sein, im staatlichen Schulwesen gescheiterten Sprössling sieht. Dies sind oft auch diejenigen, die Hauptlast der Finanzierung zu schultern haben, den Waldorf ist eine Privatschule, zwar oftmals vom Staat gefördert, aber dennoch abhängig von den monatlichen Beiträgen der Eltern. 

Das Parasitäre hieran liegt nun in dem Umstand begründet, dass ein anthroposophischer Lebenswandel, alles andere als ein einträglicher Beruf ist. Das beinhaltet ebenso das studieren der, an Goethes Erkenntnissen angelehnten, Lehren Steiners, wie den Versuch des Lebens außerhalb unserer Konsumgesellschaft, als auch die Pflege körperlich und geistig beeinträchtigter Menschen. Um all dem nun gerecht zu werden, sind Gelder von Nöten.

Fatal wird es nun, im daraus resultierten Kastensystems. Denn diese Menschen Leben Rudolf Steiner nun schon in der dritten Generation, sie sind in einem solchen Elternhaus aufgewachsen, haben selbigen Kindergarten besucht und sind anschließend auf die Waldorfschule gewechselt. Als direkte Konsequenz kennt man sich, es entstehen Bindungen, denn das Leben an Waldorfschulen beinhaltet neben der Lehrtätigkeit auch viel soziales Engagement. Monatsfeiern wollen organisiert werden, man trifft sich zum Lebkuchen backen oder zum Einstudieren der Theaterstücke. Eine große, eingeschworene Familie. Für die Waldorfgemeinde eine schöne Sache, man hat Zusammenhalt.

Doch was ist mit den Eltern von außerhalb, welche keinen anthroposophischen Hintergrund vorweisen können oder schlicht nicht die Zeit haben, neben Familie und Beruf noch für die Schulgemeinschaft da zu sein? Sie sind ausgeschlossen und im Begriff in einen, für das Kind folgenschweren Teufelskreis einzutauchen. Denn dieses kann oft nicht mehr zurück, wenn es, aus welchen Gründen auch immer die Antipathie des Waldorfkollektives erregt hat. Sei es auch nur der Umstand sich nicht an die Gemeinschaft binden zu wollen. Je länger man in diesem System bleibt desto abhängiger wird man davon. Wer sich keinem Druck ausgesetzt sieht, gewöhnt sich meist schnell daran. Quereinsteiger haben es leicht, aber im Umkehrschluss ist Aussteigern aus der Waldorfschule kein leichter Wiedereintritt in die staatlichen Bildungshorte gewährt. Oft sind die offiziell anerkannten Lehrpläne unzureichend oder nicht nicht kompatibel mit denen staatlicher Schulen. So das ein Kind, das nur einige Zeit auf der Waldorschule gelernt hat und dann wieder zurück auf ein normales Gymnasium möchte einen gewaltigen Berg an versäumten Stoff nachholen muss. 
 
Letztendlich bleibt die Waldorschule für Kinder mit ausgeprägten musischen oder künstlerischen Interessen und Schülern mit einem eigenen Lernantrieb meist eine sehr gute Wahl. Das Konzept von Rudolf Steiner ist mit diesen Vorraussetzungen sehr förderlich. Allerdings ist es dazu nötig, dass sie die gesamte Schullaufbahn bis hin zum Abitur durchlaufen wird. Für Kinder mit Lernschwächen oder andere Schulischen Problemen ist diese Schulform allerdings längst nicht immer eine Lösung im Gegenteil.

Selbstverständlich sollte man nicht jede der 206 deutschen Waldorfschulen über ein und denselben Kamm scheren, es gilt dennoch die Ambivalenz dieser Schulform und die Art wie sie teilweise gelebt wird auf den Prüfstand zu stellen.


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