Roni Horn. Photographien

You are the Weather (1994-96) © Roni Horn (Ausschnitt)
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Stille Impressionen von Roni Horn rund um das Thema Wasser
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Von Hubertus J. Schwarz   1. Mai 2011





Hamburg, Deutschland – Groß und voller Präsenz, beinahe jedoch zu abgehoben um dem einfachen Streben der Aufnahmen nach Geltung genügen zu können. Das ist der zwiespältige Eindruck, der nach zwei Stunden und etlichen, Hunderten Metern an abgelaufener Ausstellungsfläche zurückbleibt.

Prädikat: Fragwürdig. Die erste Einzelausstellung der New Yorker Künstlerin Roni Horn (*1955) in Deutschland findet sich in den Katakomben der Galerie der Gegenwart. Ihre Photographien, Zeichnungen, Objekte und Skulpturen werden nun nach der Tate Modern in London und dem Whitney Museum in New York in Hamburg ausgestellt. Anlass ist die 5. Phototriennale.  

Another Water (2000) ist wie Still Water (1997-99) ein Reihenwerk über die Londoner Themse. Durch die beigefügten, literarischen Texte ist die Brücke zur freien Assoziation für den Betrachter geschaffen und das Spektrum, dessen was er für sich aus den unterschiedlichen Ansichten zieht, bleibt ganz individuell und selbstbestimmt. Für Roni Horn war Ambivalenz des Wassers das Leitmotiv für ihre Aufnahmen. Bedrohung sollte neben Vertrautheit gleichsam wirken und faszinieren.

You are the Weather (1994-96) die Porträtreihe einer jungen, hellhäutigen Frau, die in einer heißen Quelle badet, ist eines der beeindruckendsten Werke. Sie besteht nicht durch ein ausgefallenes Motiv oder oberflächliche Schönheit, sondern durch intensive Ausstrahlung und eine natürliche Ästhetik, die durch das schlichte aber auch schonungslose der Aufnahmen gegeben ist. 

Ohne Titel © Roni Horn
Das Gesicht des blonden Mädchens wirkt auf zärtliche Weise, wie aus dem Leben gerissen. Einem Leben, von dem der Betrachter nicht viel mehr weiß, als dass es sich mit dem der Roni Horn gekreuzt hat. Darin liegen mehr Fragen als Antworten. Und das unwillkürliche Verlangen: Nach dem Warum zu fragen. Antworten bleibt die Künstlerin schuldig und stellt so jedem Betrachter die Wahl, selber zu entscheiden. Ob er die Präsenz, das Unwillkürliche der Photographien für sich annimmt oder die namenlosen Gesichter, als das erkennt, was sie sind, anonyme Aufnahmen, einfach in den Raum gestellt.

Die Stärke der Ausstellung ist ihre Anonymität. Die Präsenz der Aufnahmen kommt durch die großen Hallen der Galerie und ihre minimalistische Aufmachung erst wirklich zum Tragen. Bilderreihen stehen für sich allein im Raum und können ihre Wirkung auf den Hundertern von Quadratmetern nach allen Seiten frei entfalten. Dabei konkurrieren und wirken sie einzig mit ihren Gegenüberstellungen. Dieses Element der Inszenierung ist typisch für die Arbeiten von Roni Horn. Ihre Werke bestehen meist aus Serien von Bildern die zusammen eine subtile Aussage und Sinnfrage formulieren.

Gleichzeitig ist diese Anonymität aber auch die größte Schwäche der Ausstellung. Das Lösen aus einem Kontext macht viele der Aufnahmen ausdruckslos und unverständlich. Roni Horn setzt auf die pure Bildgewalt ihrer Photographien vergisst dabei den Betrachter hineinzuführen in ihre Seelenwelt. Aber genau diese ist es, die sie durch ihre Werken verstanden wissen möchte.

Another Water (2000) © Roni Horn
Das große Anliegen von Roni Horn ist diese, ihre Identitätsfrage. Die sie mit ihren Werken sich und dem Betrachter immer wieder aufs Neue zu stellen versucht. Die subtile Weise, auf die sie es tut, kann nicht jeden ansprechen und soll es vielleicht auch gar nicht.

Sinn und Sinnlichkeit. Letztendlich fehlt es an beiden und zurück bleibt eine etwas kläglich fragende Leere, die wissen, möchte warum und wie es weiter geht.



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Das Bildmaterial wurde von der Pressestelle der Hamburger Kunsthalle bereitgestellt.