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Bin ich vernetzt und doch allein – Eine Selbsteinschätzung [1]
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Von Hubertus J. Schwarz   26. Januar 2012

Zürich, Schweiz – Studenten sind im Werdegang begriffen. Studenten sind eine Kraft mit der man rechnen muss. Studenten sind aber auch Konsumenten. Wie erleben, wie konsumieren, sie Medien. Eine Selbsteinschätzung.

Die Bahnstation liegt still. Unwirklich und fahl beleuchtet das Licht einer Neonreklame – Make it real! Coca Cola – eine schäbige Bank. Ich störe mich nicht daran und belagere das Sitzmöbel stoisch weiter. Lenke mich durch mein Smartphone ab und versuche sowohl die Bemühungen des Erfrischungsgetränke-Herstellers mit Nichtachtung zu strafen, wie auch das obszöne Model auf der Plakatwand am gegenüberliegenden Bahnsteig – erfolglos. Beides zieht mich immer wieder in seinen Bann. Es ist 6:30 Uhr. 

Eine einstudierte Geste wischt Ungewolltes vom Guckloch in eine andere Wirklichkeit. EurokriseCosta Concordia und nochmals Eurokrise. Mein Finger auf dem Smartphone wischt weiter. 7:00 Uhr. Das Wischen hält inne. Ich höre das Rattern herannahender Waggons. Die S-Bahn fährt ein und hält. „Einsteigen bitte!“ Im Zug teilen sich die Lager. 

Entweder Blick oder 20Minuten. Vereinzelt erkenne ich an der stereotypen Wischbewegung auch den Smartphone Nutzer – Bruder im Geiste. Freier Platz und der Blick sind mein. Ich nehme ihn. Bekenne mich zum Boulevard und überfliege die Titel der Zeitung. Schon wieder dieses Schiff, noch einmal Eurokrise. Dann fliegt das Gratisblatt zurück auf den Sitz. Kopfhörer auf. Musik an.

Ich verliere mich wieder in den virtuellen Welten hinter dem kleinen Handybildschirm. Und auch hier gibt es sie in beeindruckender Vielfalt, oft gratis und aktuell – Informationen und Nachrichten. Das Internet bietet stündlich so viel Neues an Information, dass es kein Mensch mehr leisten könnte, alle Angebote zu inhalieren, um dann aussortieren zu können. Unsere Informationsgesellschaft ist schon lange über den Punkt hinweggaloppiert, ab dem man von vornherein aussondieren muss, aus welcher Richtung man Informationen bekommen möchte, um nicht im Sud belangloser Metadaten zu ersaufen.

Nachrichten zu beziehen ist nicht mehr nur ein Privileg, es ist zum Standard geworden. Und deshalb bin auch nicht ich es, der sich aktiv darum kümmern muss, an Informationen zu kommen – wenn sie wichtig genug sind, dann finden sie mich. Es sind die Medien, die um die Gunst der Leser/Hörer/Seherschaft buhlen müssen. Das „Je, desto“-Prinzip manifestiert sich im Internet in seiner direktesten Form. Je schneller mich die Nachricht erreicht, je weniger ich dafür zahlen muss oder je besser/reißerischer sie aufbereitet ist, desto eher bin ich als Konsument bereit das jeweilige Angebot anzuklicken. 

Und dabei war der Kaufpreis nun einmal die erste Hürde, die die galoppierende Mediengesellschaft übersprungen hat. Ob ich als Konsument überhaupt das Recht habe Informationen gratis zu bekommen steht seit dem Moment nicht mehr zur Debatte, als das erste Medium erkannt hat, dass es sich gratis um einiges besser vertreiben lässt. Ob nun gedruckt oder als kostenloses Internetangebot. Anzeigen finanzieren die Zeitungen mittlerweile zum Großteil. Der Konsument ist zum Indikator geworden. Je mehr Leser, desto teuer der Anzeigenplatz. Je, desto...


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